WETTBEWERB
WOHNHAUS HÜTTENMÜLLERSTRASSE
1. PREIS

NEUBAU EINES MEHRFAMILIEN-
WOHNHAUSES IN LUDWIGSHAFEN

Auf dem prominenten Grundstück im Herzen der neobarocken „Fichtesiedlung“ (heute „Hohenzollernhöfe“)  aus den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts soll ein neues Wohnhaus realisiert werden. Der lang gestreckte, dreigeschossige Baukörper führt städtebaulich die spiegelsymmetrische Figur des Ensembles fort. Wie sein Gegenüber stellt er sich als ruhiger Baukörper ohne Vor- und Rücksprünge innerhalb des vorgegebenen Baufensters dar. Damit fügt er sich in das Ensemble ein und tritt in keinerlei Konkurrenz zu den Eckgebäuden, welche die charakteristische Torsituation zur Hüttenmüllerstraße aufspannen.

Projektart:

Wettbewerb 1. Preis, Beauftragung

Auslober:

LUWOGE GmbH, Ludwigshafen

Ort:

Hüttenmüllerstraße 4 & 6, Ludwigshafen

Zeitraum:

2013

Größe:

1.880 m² Wohnfläche

Landschaftsarchitektur:

HKK Landschaftsarchitektur GmbH, Frankfurt am Main

Energiekonzept:

ina Planungsgesellschaft mbH

Status:

realisiert

Von Erdgeschoss bis Dachgeschoss erstrecken sich insgesamt 28 Wohneinheiten, organisiert als Dreispänner. So ergeben sich pro Haus und Etage je zwei größere, durchgesteckte Wohneinheiten von je ca. 88 m² und eine kleinere Wohneinheit nach Südosten mit ca. 59 m², welche sich um ein großzügiges Treppenhaus mit Aufzug gruppieren. Alle Wohnungen verfügen über einen privaten Außenbereich: „Abendsonne“-Loggien an Küche und Wohnraum zum grünen Innenhof und „Guten-Morgen“-Loggien am Schlafzimmer zur Hüttenmüllerstraße. Den Wohnungen im Erdgeschoss kann zum Hof zusätzlich ein Mietergarten zugeordnet werden. Die Grundrissfigur ermöglicht das Zuschalten einzelner Räume sowie die Kopplung ganzer Wohneinheiten, sodass 4- oder auch 5-Zimmer-Wohnungen bis max. 149 m² und „Einliegerwohnungen“ z.B. für Pflegepersonal oder Au pair (Senioren, Familien) gebildet werden können. Die Wohnungen reagieren zudem mit praktischen Einbauschränken besonders auf die Bedürfnisse von Bewohnern, deren Aufenthalt zeitlich befristet ist (Delegierten), sodass diese praktisch und unkompliziert mit Koffer und Bett einziehen können. Die Bäder sind über die Loggia in allen Wohnungen natürlich belichtet und belüftet. Auf diese Weise profitieren sie von dem Außenbezug, ohne Einblicke zu gewähren. Innerhalb der variablen Grundrissstruktur lassen sich die Wohneinheiten als barrierefreie und rollstuhlgerechte Wohnungen ausbauen. Exemplarisch sind vier Wohnungen im Grundriss rollstuhlgerecht dargestellt (Grundriss 1.OG). Ebenso werden mögliche Grundrissvarianten gezeigt (zuschaltbare Einliegerwohnung für Pflegepersonal, durchgesteckter Wohnraum mit Loftcharakter). Die beiden Haupteingänge orientieren sich zur Hüttenmüllerstraße. Darüber hinaus sind die Treppenhäuser  hofseitig bzw. über eine im weiteren Verlauf entstehende Parkebene unter dem Hof erreichbar. Im Erdgeschoss bietet ein großzügiger Vorraum Platz für Briefkästen und Kinderwagen. Im Bereich der Nebeneingänge sind Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und Müll angeordnet. Die Treppenhäuser werden über breite Lichtbänder im Dach, welche durch große Treppenaugen das Licht in die darunter liegenden Geschosse verteilen, belichtet. Gemeinschaftlich genutzte Bereiche wie Fitnessstudios oder Mieterkeller finden sich im Untergeschoss. Hier sind auch die Technikräume angeordnet. Die Lüftungstechnik ist im Spitzdach untergebracht.

Der Neubau profitiert von der Freiraumqualität des Ensembles. Mit der Neuordnung der Freiflächen werden die vorhandenen Potentiale betont:
Inmitten der Hohenzollernhöfe wird die Aufweitung der Hüttenmüllerstraße zu einem öffentlichen Platz mit altem Baumbestand. Platz und (Spiel-)Straße sind niveaugleich ausgebaut. Der Innenhof soll ein Ort der Begegnung und Kommunikation werden. In diesem wertvollen halböffentlichen Raum wird das oberirdische Parken zurückgebaut. Eine neu zu errichtende Parkebene unter dem Innenhof nimmt den ruhenden Verkehr auf. Alter Baumbestand bleibt bestehen und erhält Raum zur weiteren Entfaltung. Umgeben von Bäumen spannt sich so im Zentrum des Hofs eine Spiel- und Aufenthaltsfläche auf. Zudem können den Erdgeschoss-Wohnungen Mietergärten zugeordnet werden.

Bei der Materialwahl bedient sich der Neubau aus dem gestalterischen Repertoire der Siedlung und interpretiert diese zeitgemäß. So wird der graue, grobe Sockelputz der Bestandsgebäude aufgegriffen, aufgewertet und auf die gesamte Fassadenfläche aufgetragen. Die Farbtöne „Ocker“ und „Grün“ bleiben den neobarocken Putzfassaden eigen. Die reiche Gliederung der Fassaden mit Eckpilastern, Ohrenrahmen und geschweiften Brüstungsspiegeln wird in Form weißer, fein gefilzter Faschen in abstrahierter Form interpretiert. Sie sind das bindende und verbindende Element und liefern eine spielerische Gliederung der Lochfassade mit ihren durchlaufenden Fensterachsen und gleichen Fensterformaten. Auch beim Neubau werden die stehenden Fensterformate aufgegriffen, hier jedoch als große, rahmenlose Glasflächen (Glas-über-Rahmen-Konstruktion). Rote Eingangstüren betonen die Zugänge von Straße und Hof. Dieses wiederkehrende Element dient in der gesamten Siedlung als Orientierung. Die Dachflächen sind durch integrierte Dachflächenfenster und behutsame Einschnitte für Dachloggien gegliedert. Auf Gauben und Dachüberstände wird verzichtet. Trotz zahlreicher Rückgriffe auf den Materialfundus der Siedlung und Anknüpfungspunkte an deren Gestaltungsprinzipien wirkt das Gebäude somit eigenständig und zeitgemäß.

Mit dem Neubau im Bestand kann der hochwertige Siedlungsbau der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts fortgeschrieben werden. Das neue Wohnhaus soll zum Zuhause für seine Bewohner werden und darüber hinaus einen weiteren Baustein für eine lebendige Siedlung liefern.